A Place In The Queue
(2006 - Baine, Jonsson, Manning, Reingold, Salazar, Tillison, Travis)

The Tangent zeigen sich beim dritten Album in geänderter Besetzung. Zoltan Czörzs hat nicht nur die Flower Kings sondern auch The Tangent verlassen, sein ehemaliger Kollege Roine Stolt hat es ihm gleichgetan und ebenfalls seinen Hut genommen. Als neue Bandmitglieder hat man dafür den ehemaligen Flower Kings Schlagzeuger Jaime Salazar und den Gitaristen Krister Jonsson gewonnen, der hauptsächlich im Jazz beheimatet ist und schon mit Bassist Jonas Reingold bei Karmakanic gespielt hat.

Der Abgang Stolts macht sich allerdings nur am Rande bemerkbar. Zwar spielt die Gitarre jetzt nur noch eine eher untergeordnete Rolle, doch war The Tangent seit jeher hauptsächlich Andy Tillisons Kind, seine Hammond und der Moog trumpfen jetzt halt noch etwas mehr auf, kongenial begleitet von den diversen Blasinstrumenten Theo Travis'.

Was dann auch gleich zur Musik führt: The Tangent schwelgen auch auf dem dritten Album im Retroprog, es ist symphonisch, es ist vor allem verjazzt, man zeigt sogar Humor mit der kurzen Discofunknummer "The Sun In My Eyes" in der Tillison seine Schulzeit und die Einsamkeit eines Yes-Fans beschreibt, der für seinen Musikgeschmack leiden mußte.

Wer jetzt "mein Gott, Disco???" denkt kann sich sofort wieder beruhigen. Mit weniger als vier Minuten Spielzeit ist "The Sun In My Eyes" eine lustige Randnotiz. Der Humor besteht eben darin ein Klagelied über den einsamen und gepeinigten Progfan als Disconummer aufzunehmen. Eingerahmt wird das Album von zwei überlangen Epen, die jeweils mehr als 20 Minuten Spieldauer aufweisen. Der geneigte Progfan weiß also, was ihn erwartet.

"A Place In The Queue" ist ein starkes Album geworden, angefangen bei den diversen analogen Keyboards und perlenden Pianoläufen, über mächtig jazzende Saxophon- und Flötenklänge bis hin zum leicht nölenden Gesang Tillisons paßt hier alles. Die üblichen Verdächtigen als übergroße Vorbilder lassen sich natürlich auch gelegentlich raushören, ELP- und Yes-Fans wird es freuen, alle Anhänger der Canterburyszene ebenfalls.

Wo in der Schlange steht also "A Place In The Queue"?. Ganz weit vorne. Die schwedische Konkurrenz um Roine Stolt wird ebenfalls hinter sich gelassen. Keine Frage, The Tangent haben das laut Tillison "schwierige dritte Album" mit Bravour gemeistert. Ausgereifte Songideen treffen auf ungebremste Spielfreude und intelligente, manchmal auch autobiographische Texte, die Mischung aus symphonischem Prog und Canterbury Jazzrock funktioniert ausgezeichnet. The Tangent zeigen sich dazu deutlich gereift, war das Debutalbum noch so eine Art Schaufenster diverser Lieder, die jeweils einem Stil huldigten, hat man auf dem dritten Album die verschiedenen Einflüsse zu einem harmonischen Ganzen zusammengefügt. Und zu guter Letzt: die Soundqualität ist überragend, die einzelnen Instrumente sind sehr transparent aufgenommen, nur so kann man die Virtuosität der Bandmitglieder auch würdigen.

13 Punkte